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Zeitgeist
Und wieder passiert so ein Ding, das den Zeitgeist dieser unserer Zeit aufs Beste illustriert: In München hat die Polizei eine Frau aufgegriffen, die auf ihrem Fahrrad, im Kindersitz, ihre Tochter fuhr. Die Tochter nackt. Das Kind – zarte eineinhalb Jahre, die Mutter Anwältin(!). Das Thermometer zeigte gerade mal 11° C. Als Erklärung lieferte die Mutter eine Geschichte, die man sich fast denken kann: Die Tochter wollte sich nicht anziehen, und da die Mutter ihre Tochter als einen gleichberechtigten Partner ansieht – mit eigenen Persönlichkeitsrechten, die man natürlich voll und ganz zu respektieren hat – nahm die Frau das kleine Kind bei diesen Temperaturen ohne Kleidung mit aufs Fahrrad.
Heidrun Kaspar, Vorsitzende des Kinderschutzbundes in München kommentierte das Geschehen so: »Die Frau hat nicht realisiert, dass das Kind nicht selbst einschätzen kann, was passiert, wenn es sich nicht anziehen lässt.«
In Wirklichkeit kann die Frau selbst nicht einschätzen, was für Konsequenzen ihr Tun hat. Mit zunehmender Zeitpräferenz – dem Fokus auf das Hier und Jetzt – verlieren die zukünftigen Auswirkungen eigener Taten an Bedeutung. Die Planungszeiträume verkürzen sich unnatürlich, da die Zukunft durch die staatliche Daseinsvorsorge als gesichert scheint, mehr noch: Die Zukunft erscheint als nicht beeinflussbar oder fremdbestimmt. Dazu passt nicht nur dieser Fall, sondern auch das Anwachsen von Kriminalität, Wandalismus, Unverbindlichkeit, Kreditblase und anderen Zeitgeist-Erscheinungen, die auf übermäßiger Betonung des »Jetzt« und der Abwertung der zukünftiger Konsequenzen basiert.
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